Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 11.04.2019 (Az.: 3 C 13.17, 3 C 14.17 u. a.) entschieden, dass es nicht mehr pauschal als ausreichend für die Entziehung der Fahrerlaubnis angesehen werden kann, wenn ein Autofahrer nur gelegentlich Cannabis konsumiert und erstmalig unter der Wirkung von Tetrahydrocannabinol (THC) ein Kraftfahrzeug geführt hat, ohne dass seine Ungeeignetheit zusätzlich durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten (sog. „MPU“) festgestellt wurde.
Wollen die Fahrerlaubnisbehörden einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis entziehen, bedarf es hierfür einer gesetzlichen Grundlage. Diese findet sich in den §§ 3 Abs. 1, 46 Abs. 1 der FeV (Fahrerlaubnis-Verordnung), wonach die Fahrerlaubnisbehörden dann die Fahrerlaubnis zu entziehen haben, wenn sich der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat.
Nach den Anlagen zur FeV soll dabei die bloß gelegentliche Einnahme von Cannabis eine Ungeeignetheit nur dann begründen, wenn keine Trennung zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges beim Betroffenen gegeben ist.
Das heißt zunächst einmal: Wird der (gelegentliche) Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeuges strikt getrennt, liegt keine Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges vor und die Fahrerlaubnisbehörden dürfen eine Entziehung jedenfalls nicht hierauf stützen.
Problematisch wird es aber dann, wenn diese Trennung nicht (mehr) gegeben ist und ein Kraftfahrzeug geführt wird, obwohl in zeitlicher Nähe hierzu auch Cannabis konsumiert worden ist. Der -auch in dieser Entscheidung wieder bestätigte- Richtwert der Rechtsprechung liegt bei einem relativ niedrigen Wert von einem Nanogramm THC je Milliliter Blutserum, sodass auch Tage nach dem Konsum dieser Grenzwert noch immer überschritten sein kann, sollte es zu einer Verkehrskontrolle kommen.
Der Sachverhalt der Entscheidung
So war auch die Situation in der vom Bundesverwaltungsgericht nunmehr zu entscheidenden Angelegenheit:
Die Kläger waren gelegentliche Cannabis-Konsumenten und wurden im Rahmen von Verkehrskontrollen erstmalig dabei überführt, ein Kraftfahrzeug geführt zu haben, obwohl sie im Blutserum den bereits genannten maßgeblichen Wert an THC von 1 ng/ml überschritten.
Die Fahrerlaubnisbehörden gingen daraufhin pauschal davon aus, dass den Klägern die Fahreignung schon alleine aufgrund dieser einmalig festgestellten fehlenden Trennung zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen ihrer Kraftfahrzeuge fehle und entzogen den Klägern ihre Fahrerlaubnis. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten wurde davor nicht über die Kläger eingeholt.
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Das BVerwG hat nun (abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung) entschieden, dass solch ein erstmaliger Verstoß in der Regel nicht für die Annahme ausreicht, dass der Betroffene sich zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erwiesen hat, ohne dass vorher ein medizinisch-psychologisches Gutachten über ihn eingeholt wurde.
Das heißt im Klartext: Selbstverständlich stellt diese jüngste Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bei Weitem keinen Freifahrtschein für das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss dar. Sollte solch ein Verstoß aber dennoch bei einem Betroffenen festgestellt werden, kann der Führerschein bei einer erstmaligen Autofahrt unter Cannabiseinfluss nicht mehr einfach entzogen werden, ohne dass vorher eine MPU (allgemein auch als „Idioten-Test“ bezeichnet) angeordnet und durchgeführt wird.
Durch die Entscheidung des BVerwG eröffnen sich also neue Wege, die angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlaubnisbehörden zu verhindern oder diese im Nachgang anzugreifen.
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